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Allgemeinverfügung der Stadt Flensburg

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Flensburg - Hartes durchgreifen der Stadt Flensburg bei verstoßen der Ausgangssperre - Archivfoto: Thomsen

Zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus SARS CoV-2 gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 28a Abs. 2 Nr. 2  und § 28a Abs.1 Nr.3 IfSG in Verbindung mit § 106 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsgesetz (Landesverwaltungsgesetz – LVwG) wird für das Gebiet der Stadt Flensburg folgende Allgemeinverfügung erlassen:

1. Die in § 2 Absatz 4 Satz 1 Nr.2 und Nr.3 der Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Corona-BekämpfVO) geregelten Tatbestände werden ausgesetzt und abweichend wie folgt geregelt: Ansammlungen und Zusammenkünfte im öffentlichen und privaten Raum zu privaten Zwecken sind nur mit Personen des eigenen Hausstandes
zulässig. Dies gilt nicht bei Zusammenkünften und Ansammlungen


a) zur Ausübung beruflicher, geschäftlicher oder dienstlicher Tätigkeiten,
b) zum Besuch von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen sowie Angeboten zur Teilhabe am Arbeitsleben, die Teilnahme an Prüfungen und nicht aufschiebbaren Behördengängen,
c) bei der Inanspruchnahme medizinischer, pflegerischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, Blutspenden
d) zur Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts,
e) die unabweisbar erforderliche Unterstützung von hilfsbedürftigen Angehörigen und Nachbarn,
f) für notwendige Begleitpersonen von Personen, die über einen Ausweis für schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen B,H,BI,GI oder TBI verfügen,
g) für Paare mit getrennten Wohnsitzen,
h) zur Begleitung Sterbender sowie zur Teilnahme an Trauerfeiern
i) zur Versorgung von Tieren,
j) sowie aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen.

Minderjährige gelten als Haushaltsangehörige ihrer Erziehungs-, Sorgeund Umgangsberechtigten, auch wenn diese in unterschiedlichen Haushalten wohnen.
2. § 12 a Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 der zum 20.02.2021 in Kraft tretenden  Corona-BekämpfVO werden im Gebiet der Stadt Flensburg nicht angewandt.
3. In der Zeit zwischen 21.00 Uhr und 05.00 Uhr ist der Aufenthalt außerhalb der eigenen Wohnung im Gebiet der Stadt Flensburg für jedermann untersagt. Dies gilt nicht, wenn der Aufenthalt
a) zur Ausübung beruflicher, geschäftlicher oder dienstlicher Tätigkeiten,
b) zum Besuch von Betreuungseinrichtungen im Sinne von § 15a und § 16 der Corona-BekämpfVO,
c) bei der Inanspruchnahme medizinischer, pflegerischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, ,
d) zur Wahrnehmung des Sorge- Erziehungs- und Umgangsrechts,
e) die unabweisbar erforderliche Unterstützung von hilfsbedürftigen Angehörigen und Nachbarn,
f) zur Begleitung Sterbender,
g) zur Versorgung von Tieren, darunter fällt auch das Ausführen von Hunden,
h) wegen der Teilnahme an Veranstaltungen nach § 5 Abs. 2 Nr.1 und 6 der Corona-BekämpfVO,
i) sowie aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen erfolgt. Das Vorliegen der Ausnahmetatbestände a), b), c) und h) ist, sofern möglich, schriftlich glaubhaft zu machen.

4. Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem 20.Februar 2021 bis einschließlich 26. Februar 2021, eine Verlängerung oder ggf. auch vorzeitige Änderungen oder Aufhebung ist in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen möglich.

Begründung:
Rechtsgrundlage der angeordneten Maßnahmen sind § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 , 28a Abs. 2 Nr. 2 und § 28 Abs. 1 Nr. 3 lfSG. Danach trifft die zuständige  Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder es sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, Krankheitsverdächtig oder Ausscheider war. Die insbesondere in den §§ 28a bis 31 IfSG genannten Maßnahmen sind anzuordnen, soweit und solange es zur Bekämpfung einer übertragbaren Krankheit erforderlich ist. Die Behörde kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach Satz § 28 Abs. 1 Satz 2 kann die zuständige Behörde u.a. Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten.


Die Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 lfSG verpflichtet die Behörde, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen. Nur hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen, – "wie" des Eingreifens – ist der Behörde Ermessen eingeräumt. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfügten Beschränkungen ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§ 1 Abs. 1, § 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die  Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Es ist sachgerecht, einen am Gefährdungsgrad der jeweiligen Erkrankung orientierten, "flexiblen" Maßstab für die hinreichende Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (VG Bayreuth, Beschluss vom 11. März 2020 – B 7 S 20.223 –, Rn. 44 45, juris).

Sind Schutzmaßnahmen erforderlich, so können diese grundsätzlich nicht nur gegen die in Satz 1 genannten Personen, also gegen Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider getroffen werden, sondern – soweit erforderlich – auch gegenüber anderen Personen.
Es bestehen keine Zweifel daran, dass es sich bei der Infektion mit dem SARS-CoV-2 um eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG handelt, so dass der Anwendungsbereich des 5. Abschnitts des Infektionsschutzgesetzes, der sich mit der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten befasst, eröffnet ist. Die aktuelle Lage ist nach den Lageberichten des RobertKoch-Instituts (abrufbar unter www.rki.de) dadurch gekennzeichnet, dass aktuell in allen Bundesländern eine hohe Anzahl von Ansteckungen in der Bevölkerung zu beobachten ist und angesichts der Vielzahl der Fälle Infektionsketten nicht mehr eindeutig nachzuvollziehen sind.

Wegen der aktuellen Zahlen der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus im gesamten Bundesgebiet müssen weiterhin wirksame Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Effektive Maßnahmen sind dazu dringend notwendig, um im Interesse des Gesundheitsschutzes die dauerhafte Aufrechterhaltung der wesentlichen Funktionen des Gesundheitssystems sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sicherzustellen. Die großflächige Unterbrechung, Eindämmung bzw. Verzögerung der Ausbreitung des neuen Erregers stellt das einzig wirksame Vorgehen dar, um diese Ziele zu erreichen.

Die Inzidenzwerte in Flensburg sind seit Jahresanfang stark gestiegen und bewegen sich seit längerem in einem Bereich von nahezu 200 Fällen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner*innen. Der Inzidenzwert am 18.02.2021 betrug 177,5. Damit befindet sich Flensburg als einzige Gebietskörperschaft in Schleswig-Holstein in einem erheblich gesteigerten Infektionsgeschehen. Im Vergleich zum Landesdurchschnitt von 48,6 (Stand 18.02.2021) hat die Stadt Flensburg ein mehrfach erhöhtes Infektionsgeschehenen, trotz weitgehender Einschränkungen seit Mitte Dezember 2020 und strengen Kontaktbeschränkungen seit diesem Zeitpunkt.
Angesichts der Anzahl der Fälle sind nicht mehr alle Infektionsketten unverzüglich nachvollziehbar. Es liegt ein diffuses Geschehen mit einer ansteigenden Zahl von Fällen vor, bei denen sich die Infektionsquelle nicht ermitteln lässt. Hinzu kommt, dass in Flensburg eine erhebliche Anzahl von Infektionen mit der Virusvariante B.1.1.7 festgestellt wurde, die gemäß Bewertung der WHO zu den besorgniserregenden Virusvarianten (variants of concern/VOC) gehört. Der Verlauf des Infektionsgeschehens in Flensburg ist mit einer höheren Ansteckungsfähigkeit bei Vorliegen einer VOC vereinbar, es treten schwerere Krankheitsverläufe auch bei jüngeren, nicht vorbelasteten Personen auf.
Die Zahl der intensiv zu betreuenden Patient*innen ist in Flensburg in den letzten Tagen stark angestiegen; ein Krankenhaus vor Ort musste die Regelaufnahme von Patienten zeitweilig aussetzen. Die Zahl der Todesfälle betrug in der Stadt bis zum 31.12.2020 7 Fälle, von Januar bis Mitte Februar sind bereits weitere 21 Personen an und mit einer Covid-Infektion verstorben. Waren die Infektionsketten in der Stadt zu Beginn noch eingrenzbar, gibt es mittlerweile 12 Kategorien, aus denen sich ein Infektionsgeschehen herleiten lässt. Das Virusgeschehen ist zudem gleichmäßig über das gesamte Gebiet der Stadt Flensburg verteilt und nicht auf bestimmte Bereiche eingegrenzt.
Die Stadt hat bereits mit Allgemeinverfügung vom 05.02.2021 und 12.02.2021
Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung getroffen, die über die landesweit geltenden weitreichenden Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung noch hinausgehen. Die Infektionszahlen bleiben trotzdem unverändert hoch. Daher sind die in dieser Allgemeinverfügung getroffenen besonders eingriffsintensiven Anordnungen in Ergänzung zu den bereits bestehenden und zu verlängernden Maßnahmen erforderlich. Der Zeitpunkt Maßnahmen berücksichtigt insoweit Erfolge und erkennbare Lücken in den zuvor ergriffenen Maßnahmen. Als ultima ratio müssen daher kurzfristig auch wirksam zu überwachende und mittelbar dem Infektionsschutz dienende Maßnahmen ergriffen werdenfür diese eingriffsintensiven.


Um die Verhältnismäßigkeit zu wahren, wird ihre Geltungsdauer zeitlich eng auf zunächst eine Woche begrenzt. Für den Fall, dass die Inzidenzwerte bereits innerhalb dieses Zeitraums zügig sinken, kommt auch eine frühere Aufhebung in Betracht.


Zu Ziffer 1:
Hier ist geregelt, dass sich nur noch Personen des eigenen Hausstandes treffen dürfen. Kontakte zu anderen Personen sind untersagt. Es gelten Ausnahmen für die aufgelisteten Bereiche. Die Aufzählung ist nicht abschließend; sie gilt auch für ähnlich gewichtige Gründe, wie z.B. Fallkonstellationen bei der Nachbarschaftshilfe oder und/oder Nothilfe Dabei muss auch gewährleistet sein, dass beispielsweise von dem Angehörigen unterstütze Personen in eigener Häuslichkeit weiterhin betreut werden können.
Zur grundsätzlichen Begründung der Ziffer 1 gelten insbesondere auch die Ausführungen in Ziffer 3. Im Gegensatz zu einer Ausgangsbeschränkung ist die Beschränkung auf den eigenen Haushalt das mildere Mittel. Andernfalls würde beispielsweise eine mehrköpfige Familie tagsüber an die eigene Wohnung räumlich gebunden. Eine solche räumliche Bindung ist hingegen zur Nachtzeit zumutbar, ganztägig jedoch nicht.
Zu Ziffer 2:
Hiermit werden die vom Land für die Zeit ab dem 22.02.2021 in Aussicht gestellten Öffnungsschritte bei Kontaktregeln und im Bereich der außerschulischen Bildung (wie z.B. für Angebote von Fahrschulen und Integrationskurse) für das Gebiet der Stadt Flensburg ausgesetzt, da sie dem mit dieser Allgemeinverfügung gesondert angeordneten Kontaktverbot widersprechen.
Zu Ziffer 3:
In der Zeit zwischen 21.00 und 05.00 Uhr gilt für jedermann ein Aufenthaltsverbot im öffentlichen Raum. Ausnahmen gelten wiederum für die aufgelisteten Fälle und vergleichbare Fallkonstellationen. Ausgangsbeschränkungen, die das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zeiten und aus bestimmten Gründen erlauben, sind gemäß § 28a Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 IfSG zulässig, soweit auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erheblich gefährdet wäre. Das sich fortsetzende dynamische Infektionsgeschehen auf sehr hohem Niveau in der Stadt Flensburg zeigt, dass die bisher landesweit ergriffenen Maßnahmen zur Kontaktreduzierung nicht ausgereicht haben.

Das hohe Infektionsniveau in Flensburg ist zudem diffus und nicht klar einzelnen Ausbruchsherden - beispielsweise in Gemeinschaftseinrichtungen - zuzuordnen. Seit Jahresbeginn 2021 waren Infektionen in der absoluten Mehrzahl im privaten Bereich festzustellen. Die Ausgangsbeschränkung soll vor allem besonders infektionsgefährdende gesellige Zusammenkünfte im privaten wie im öffentlichen Raum unterbinden, da in der Vergangenheit private Feiern einen erheblichen Beitrag zum Infektionsgeschehen geleistet haben. Die Anordnung von Ausgangsbeschränkungen ist dabei aktuell ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel, da die Maßnahme im öffentlichen Raum kontrolliert und überprüft werden kann. Sie dient damit der Verhinderung unzulässiger Ansammlungen und Zusammenkünfte im öffentlichen Raum.
Zum Infektionsschutz außer Verhältnis stehende, unbillige Härten werden durch den Katalog zulässiger Ausnahmen, der auch dort nicht benannte, aber ähnlich gewichtige und unabweisbare Gründen berücksichtigt, vermieden.
Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen die Regelungen in Ziffern 1 und 3 stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 73 IfSG dar und kann mit einem Bußgeld von 100 € bis zu 25.000,00 € geahndet werden. Bei vorsätzlichem Handeln, durch das COVID-19 oder der Severe-Acute-Respiratory-SyndromeCoronavirus-2(SARS-CoV-2) verbreitet wird, kommt auch eine Strafbarkeit nach § 74 IfSG in Betracht, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren geahndet werden kann.
Sie sofortige Vollziehbarkeit der der Anordnungen zu Ziffer 1-4 ergeben sich unmittelbar aus gesetzlicher Anordnung in § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Stadt Flensburg, Rathausplatz 1, 24937 Flensburg zu erheben.
Gemäß § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gemäß § 80 Absatz 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu beantragen. Der Antrag ist beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, Brockdorff- Rantzau-Straße 13, 24837 Schleswig, zu stellen.

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