Flensburger Kult-Kneipe „Retro“ versiegelt – Betreiber hat keine Gewerbeerlaubnis
| von Thomsen / Foerde.news
Flensburg – An der Ecke Bismarckstraße und Glücksburger Straße herrscht derzeit gähnende Leere, wo sonst das Kneipenleben tobte: Die beliebte Raucherkneipe „Retro“ ist geschlossen – und das offenbar nicht aus eigenem Entschluss. Auffällige Siegel der Stadtverwaltung an der Tür, begleitet von einem handschriftlichen Hinweis „Das RETRO macht kurz PAUSE!“, lassen zunächst eine harmlose Betriebspause vermuten. Doch tatsächlich steckt ein behördlicher Eingriff hinter der Maßnahme – mit möglicherweise endgültigen Konsequenzen.
Wie Stadtsprecher Clemens Teschendorf gegenüber Förde.news erklärte, fehlte dem 52-jährigen Betreiber eine gültige Gewerbeerlaubnis. „Im Rahmen einer Überprüfung der Konzessionen wurde festgestellt, dass für den Betrieb keine rechtliche Grundlage vorliegt – und dass eine solche auch nicht zu erwarten ist“, so Teschendorf. Am 21. Oktober reagierte die Stadtverwaltung: Das Lokal wurde versiegelt, der Schlüssel offiziell eingezogen.
Betreiber Marco Erichsen hat sich zu den Vorwürfen bislang nicht öffentlich geäußert. Sondern ehr genervt auf die Anfrage reagiert und sich verwundert, dass jeder derzeit etwas will von ihm. Auf der Facebook-Seite der Kneipe heißt es lediglich, man befinde sich „in Gesprächen mit dem Ordnungsamt“. Ob diese Gespräche jedoch zu einer Wiedereröffnung führen können, erscheint derzeit ungewiss. Viele Stammgäste äußern in den Kommentaren derweil ihr Bedauern und hoffen auf eine Rückkehr der Kultkneipe.
Gegründet wurde das „Retro“ im Sommer 2021 unter dem Namen „De Gröne Keel“. Schnell avancierte das Lokal zu einem beliebten Treffpunkt im Stadtteil. Wie es jedoch dazu kommen konnte, dass über Jahre hinweg ohne gültige Genehmigung ausgeschenkt wurde, bleibt offen. Laut Angaben der Stadt habe eine routinemäßige Prüfung bereits vor zwei Monaten stattgefunden. Im Rahmen dieser Kontrolle sei die fehlende Gewerbeanmeldung aufgefallen – und eine Nachreichung nicht möglich gewesen.
Der Fall wird durch einen weiteren Vorfall überschattet: Bereits acht Tage vor der Schließung kam es in der Kneipe zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Nach Polizeiangaben griff ein 36-jähriger Gast den Wirt körperlich an, verletzte ihn leicht und beschädigte sowohl die Eingangstür als auch einen Spielautomaten. „Der Täter war beim Eintreffen der Polizei zwar nicht mehr vor Ort, jedoch namentlich bekannt“, erklärte Polizeisprecher Marcel Paulsen von der Polizeidirektion Flensburg.
Die Zukunft des Lokals bleibt ungewiss. Nach aktuellem Stand ist davon auszugehen, dass Betreiber Erichsen das „Retro“ nicht wiedereröffnen wird. Ob sich ein neuer Pächter findet, ist bislang offen.
Fest steht: Von einer „kurzen Pause“ kann keine Rede sein. Vielmehr steht das „Retro“ am Scheideweg – mit unklarem Ausgang.
