Jugend im Rat: Jugendliche bringen frischen Wind in die Flensburger Politik
von Thomsen / Foerde.news
Flensburg – Flensburg - Immer wieder beklagen Bürger, dass Politiker auf allen Ebenen – ob Bundes, Landes oder kommunal – nicht das beschließen, was die Bürger wollen. In diesem Jahr durften erstmals Jugendliche ab 16 Jahren bei der Europawahl mit abstimmen. Doch warum so weit gehen, wenn die Politik direkt vor der eigenen Haustür beschlossen wird?
Maximilian Höfer (Mitte) wurde zum Jugendstadtpräsidenten gewählt
Im Rahmen des Projekts „Jugend im Rat“ hatten Kinder und Jugendliche für zwei Tage die Möglichkeit, sich aktiv in die kommunale Politik einzubringen. Rund 30 Jugendliche versammelten sich im Rathaus, um ihre Ideen politisch umzusetzen. Eine der beschlossenen Maßnahmen war die Einführung von BabyBoxen für finanziell schwache Eltern in Flensburg. Diese Idee wurde jedoch schnell angepasst, um auch Väter nicht zu benachteiligen. Sowohl echte Politiker wie auch der Oberbürgermeister Dr. Fabian Geyer schauten sich die Versammlung an und begrüßte diese.
Die Jugendlichen diskutierten eifrig, ähnlich wie erwachsene Politiker. Ein weiterer Vorschlag war die Installation von WLAN an Bushaltestellen, damit die Wartezeit durch Internetnutzung überbrückt werden kann. Dieser Vorschlag stieß größtenteils auf Zustimmung, abgesehen von einigen Sicherheitsbedenken.
Altbekannte Themen wurden ebenfalls wieder aufgegriffen. So wurde erneut die Erschließung einer Veloroute auf der alten Bahntrasse am Hafen gefordert, ein Anliegen, das den jungen Politikern besonders wichtig war. Während der zwei Tage standen den Jugendlichen echte Kommunalpolitiker beratend zur Seite.
Kommunalpolitiker Timo Schwendke war begeistert von den Jugendlichen
CDU-Politiker Timo Schwendke zeigte sich begeistert: „Ich fand es super, weil die Jugendlichen total engagiert waren und sich wirklich tief in die Themen eingearbeitet haben. Sie haben gute Anregungen gebracht, lebhaft diskutiert und sind zu guten Ergebnissen gekommen. Es macht Spaß, so engagierte junge Leute zu erleben, und ich bin davon überzeugt, dass wir diese Beschlüsse so oder in angepasster Form auch umsetzen werden.“ Schwendke erklärte jedoch, dass die Veloroute ein schwieriges Thema sei, da die Fläche der Deutschen Bahn gehört und aktuell nicht zur Verfügung steht.
Auch Themen, die Erwachsene weniger im Blick haben, wurden von den Jugendlichen aus den 8. bis 11. Klassen behandelt. Ein Beschluss zur Digitalisierung sieht vor, Papier einzusparen und jedem Kind unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Familie ein Tablet zur Verfügung zu stellen.
Auf Nachfrage von Förde.News, ob einige Beschlüsse direkt in die echte Ratsversammlung übernommen werden können, erklärte Schwendke:
Der Gedanke von "Jugend im Rat" ist, dass die Beschlüsse, die hier gefasst wurden, in die jeweiligen Fachausschüsse gehen und dort weiter behandelt werden, um dann eine Umsetzung zu erreichen. Ein gutes Beispiel ist die Babybox, die wahrscheinlich im Sozial- und Gesundheitsausschuss oder im Jugendhilfeausschuss behandelt wird, weil es um frühe Hilfen geht. Wir müssen dann prüfen, wie wir das umsetzen können und ob es für alle gelten soll.
Weiter erklärte er: „Was mich fasziniert hat, ist, dass soziale Themen immer mitgedacht werden, sei es die Babybox oder Tablets für benachteiligte Schülerinnen und Schüler. Der Blick auf andere und das Engagement für alle ist ein sehr positives Signal für unsere Gesellschaft.“
Pelle Hansen kam aus der Begeisterung über das Projekt und den Jugendlichen gar nicht mehr raus
Der stellvertretende Stadtpräsident Pelle Hansen zeigte sich beeindruckt von der Reife und dem Engagement der Jugendlichen: „Ich bin beeindruckt von der Ausgewogenheit und Weitsicht, mit der die Jugend im Rat agiert. Ihre Anträge sind nicht nur gut recherchiert, sondern auch präzise adressiert. Die Themen betreffen nicht nur die Jugend, sondern die gesamte Gesellschaft Flensburgs.“
Die Anträge der Jugendlichen sind vielfältig und umfassen wichtige Aspekte des städtischen Lebens. Hansen lobte unter anderem den Antrag zur Installation von Trinkwasserspendern im öffentlichen Raum und zur Ausstattung öffentlicher Einrichtungen mit Hygieneartikeln. Er betonte, dass alle vorgebrachten Anträge das Potenzial haben, in die Ratsversammlung übernommen zu werden.
„Ich bin überzeugt, dass diese Anträge es verdienen, in der Ratsversammlung diskutiert und verabschiedet zu werden. Sie bringen nicht nur frischen Wind, sondern auch echte Verbesserungen für unser städtisches Leben,“ so Hansen abschließend.
Auch der gewählte 15-jährige Jugendstadtpräsident Maximilian Höfer von der Auguste-Viktoria-Schule fand das Projekt spannend: „Es ist mal etwas anderes,“ erklärte Höfer. „Es hat Spaß gemacht und man hat viel gelernt.“ Der Schüler ist bereits politisch in einer Jugendorganisation aktiv.
Ein kleiner Kritikpunkt wurde dennoch geäußert: Ein Jugendlicher bemängelte, dass der komplett mit Holz vertäfelte Ratssaal „depressiv“ wirke.
Trotzdem war die Veranstaltung ein voller Erfolg und ein wichtiger Schritt zur stärkeren Einbindung der Jugend in die Politik. Schwendke resümierte: „Ich wäre froh, wenn ‚Jugend im Rat‘ jedes Jahr stattfindet, mit noch mehr Teilnehmern. Es ist für uns als Politiker unheimlich wertvoll, weil wir ja Politik für alle machen wollen.“