Millionen fürs Freibad – aber marode Schulräume? Haushaltsdebatte in Flensburg spitzt sich zu

von Thomsen / Foerde.news

Noch sind die Politiker sich uneinig - Foto: Thomsen

Flensburg – Im Vorfeld der wegweisenden Entscheidungen im Finanzausschuss am 19. Juni und der Ratsversammlung am 26. Juni verdichten sich die politischen Linien rund um den Ersatzneubau des Freibads Weiche. Während sich die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen (gemeinsam mit Volt) nach intensiver interner Debatte klar zum Projekt bekennt, zeichnet sich bei der CDU ein differenzierteres Bild ab. Klar ist: Das Vorhaben hat Symbolkraft – sowohl für Bürgerbeteiligung als auch für den Umgang mit kommunalen Ressourcen in Krisenzeiten.


Das Vertrauen wurde über Jahre aufs Spiel gesetzt so Fraktionsvorsitzender Leon Bossen - Foto: Ziemer
Die Grünen betonen, dass die Entscheidung nicht leichtfertig gefallen sei. „In Weiche wurde über Jahre Vertrauen aufs Spiel gesetzt“, sagt Fraktionsvorsitzender Leon Bossen. „Ein Rückzug jetzt würde bürgerschaftliches Engagement entwerten und politische Zusagen unglaubwürdig erscheinen lassen.“ Es gehe nicht allein um ein Schwimmbad, sondern um politische Verlässlichkeit, Teilhabe und institutionelles Vertrauen. Co-Fraktionsvorsitzende Katja Claussen verweist zudem auf die erhebliche Bundesförderung im Rahmen des Programms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“. Ein Rückzug, so Claussen, ließe Millionen verfallen, ohne echte Einsparungen zu bringen.


Ehemaliger Vizekanzler Robert Habeck sieht das Freibad als Raum der Begegnungen - Archivfoto: Thomsen
Auf Bundesebene unterstützen die Flensburger Bundestagsabgeordneten Robert Habeck (Grüne) und Stefan Seidler (SSW) das Projekt. Habeck sieht in dem Bad einen „Raum der Begegnung“, Seidler kritisiert insbesondere das Verhalten der Stadtverwaltung: „Anstatt eine tragfähige Kompromisslösung zu entwickeln, wird jetzt überhastet die Rolle rückwärts versucht.“


Timo Schwendke betont, dass es genug Schwimmflächen in Flensburg gibt - Archivfoto: Thomsen
Doch während sich bei den Grünen die Mehrheit formiert hat, zeigt sich die CDU-Ratsfraktion gespalten – mit wachsender Skepsis gegenüber dem vollen Neubau. Fraktionsvize und Ausschussvorsitzender Timo Schwendke betont die Bedeutung ausreichender Schwimmflächen für eine Stadt am Wasser: „Mit der geplanten Erweiterung des Campusbades wird diesem Bedarf umfänglich Rechnung getragen.“ Gleichzeitig sieht er das Freibad vor allem als freizeitorientiertes Angebot. „Ich spreche mich vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage für eine Alternativplanung mit ganzjährig nutzbarer Spiel- und Wasserfläche aus.“

Die CDU begrüßt grundsätzlich, dass nun endlich eine Entscheidung fallen soll – das Thema sei über Jahre hinweg nicht nur sachlich, sondern auch symbolisch aufgeladen gewesen. In der Fraktion selbst gibt es jedoch unterschiedliche Positionen: Ein Teil plädiert für das Einlösen des politischen Wortes bei gesicherter Förderung. Andere mahnen, klare finanzielle Prioritäten zu setzen – insbesondere angesichts des Investitionsstaus bei Schulen, Feuerwehr und Tiefbau.

Fraktionsvorsitzender Thomas Dethleffsen wird auf Nachfrage von Förde.news deutlich: „Das Freibad hat im Jahr rund drei Monate geöffnet und zählt etwa 4.500 Gäste. Dafür sollen aus einem ohnehin angespannten Haushalt mehrere Millionen Euro investiert werden. Eine Schulklasse mit 30 Kindern nutzt ihren Raum an rund 200 Tagen im Jahr – das sind umgerechnet 6.000 Nutzungstage jährlich. Und diese Räume werden nicht saniert? Das kann es nicht sein.“

Sollte sich dennoch eine politische Mehrheit für den Neubau abzeichnen, favorisiert die CDU-Fraktion eine abgespeckte Variante – mit einfachem Edelstahlbecken und Fernwärmeanschluss, die auch ohne Bundesförderung realisierbar wäre. Diese Lösung wäre nach Ansicht der Union langfristig tragfähiger und für den Trägerverein praktikabel zu betreiben.

Ungeachtet aller Differenzen kündigt die CDU an, die anstehenden Beratungen konstruktiv zu begleiten. Ziel sei eine sachlich fundierte und politisch verantwortbare Entscheidung, die sowohl den Interessen des Stadtteils als auch der gesamtstädtischen Haushaltsverantwortung gerecht werde.

Zur Abstimmung stehen derzeit drei Varianten:
Variante a (Planungsstand vom 22. April 2023) mit rund 8,1 Mio. Euro Investitionskosten und 430.000 € bis 875.000 € jährlichen Betriebskosten,
Variante b (Änderungsplanung vom 20. Februar 2025) mit 7,3 Mio. Euro Kosten und bis zu 820.000 € jährlich,
– sowie Variante c (Kostenaufstellung vom 28. Februar 2025) mit 7,2 Mio. Euro und jährlichen Belastungen zwischen 368.000 € und 813.000 €, je nach Trägerform.

Die Haushaltsmittel sollen über das Sondervermögen „Kommunale Immobilien“ bereitgestellt werden. Die politische Weichenstellung steht unmittelbar bevor – nicht nur für das Freibad Weiche, sondern für die Zukunft kommunaler Infrastrukturpolitik in Flensburg.